Im Geschwindschritt durch die Gegend
und blaumachen
Zwischen Zwickau und Karlsbad bewegten sich die fabrikneuen Siemenszüge auf dem veralteten Schienennetz.
Aus der erzwungenen Tempodrosselung heraus erwuchs eine besondere Stimmung.
Wir fühlten uns wie in einer Raumkapsel, die in Zeitlupentempo durch die Landschaft gleitet.
Da die verglaste Außenwand an manchen Sitzen bis runter zum Boden reichte, fühlten wir uns oft wie mit den Füßen im Gras.
Besonders die Strecke durch das Erzgebirge glich einem großen Marsch, der sich ohne Anstrengung vollzog.
Wir hatten das gedämpfte Motorengeräusch und die quietschenden Schienen im Ohr und vergaßen sie Zeit.
Die kommenden anderthalb Wochen sollten wir einen neuen Rhythmus überantworten, nämlich dem des Zugplanes.
Daran mußten wir uns gewöhnen.
Auch die Rückfahrt mußte in den Tagesablauf eingeplant werden, um zum Abendessen zurück zu sein.
Von Hartenstein bis Karlsbad waren es drei volle Stunden.
Frühstück und Abendessen gaben dem Tag den zeitlichen und gemeinschaftlichen Rahmen.
Wir konnten uns immer auf gutes Essen und die gute Laune unserer Wirtin Yvonne verlassen.
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Nicht so auf das Wetter. Erstmal setzte der Regen ein.
Wir nutzten diese Zeit, um Buch zu führen Auflistungen der Gegenstände entlang der Strecke.
Dann klärte der Himmel auf und wir machten uns an die Arbeit.
Als erstes lackierten wir die Fassung eines alten Wasserrohres, das zu einem Wehr gehörte.
Das Rohr führte unter einer langgezogenen Eisenbahnbrücke durch und lag gleichzeitig über einem Fluß.
Mit spitzen Steinen haben wir zuerst mehrere Lack- und Rostschichten abgekratzt.
Das Enzianblau setzte den herbstlichen Farbenspiel der Natur dann etwas fremdes entgegen.
Ein Spaziergänger erzählte uns, daß sein Geburtsjahr mit der Erstellung dieses Rohres identisch wäre: 1925.
Das Alter der Bogenbrücke, die als Fußgängerüberweg bei unserer Herberge in Hartenstein stand, konnten wir nur vermuten.
Wir verpaßten dem bröckelnden Beton einen neuen Anstrich, und sahen die Brücke künftig als Ausgangspunkt des Projektes.
Ein Tor für die Züge und für uns auch ein begrifflicher Überbau.
Es folgten Pfähle, Masten, ein Kasten, ein Dieseltank und ein großer Sockel.
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Das Enzianblau, daß entweder Abtönfarbe oder Lack war, wurde mit dem Pinsel aufgetragen.
Manchmal strichen wir nur einzelne Teile der Objekte an.
Bisher brauchten wir uns nicht umständlich um Genehmigungen zu kümmern.
Entweder waren die Gegenstände schon sehr alt, oder es waren Verantwortliche vor Ort, die man fragen konnte.
Um eine Ausnahme zu haben, wählten wir ein Maschinenteil aus, das in Funktion stand und erklärten uns dem Firmenchef.
Er erlaubte es uns schließlich und gab uns Sicherheitsgurte.
Entlang der Zugstrecke Zwickau-Karlsbad waren nun an 10 Stellen Markierungen angebracht worden.
Farbliche Aufarbeitungen an Objekten, die am Wegesrand lagen und von Zugreisenden gut gesehen werden konnten.
Daraufhin war das Projekt konzipiert worden.
In den neuen Zügen sitzend, nahm man die gebaute Welt draußen als antiquarisch wahr.
Wir hatten einzelnen Teilen optisch etwas nachgeliefert, was sie mit den Reisenden wieder in Kommunikation treten ließ.
Durch deren Gedankenverbindungen entstand erst das Bildwerk.
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Projektbeschreibung:
Entlang von Bahnlinien findet der aufmerksame Reisende oft eine Vielzahl plastisch interessanter Objekte, die von Menschenhand geschaffen wurden.
WEGMARKEN beschäftigt sich mit solchen Dingen.
Sie werden vom Zug aus ausgewählt, soweit als möglich freigelegt und ganz oder teilweise farblich markiert.
Zu unserer Arbeit:
Der Ansatz von WEGMARKEN hat sich als praktikabel erwiesen.
An der Strecke befinden sich tatsächlich viele interessante und für eine Bearbeitung geeignete Objekte.
Wir haben eine Auswahl getroffen und realisiert, die wir als typisch empfinden.
Zu wünschen bleibt eine größere Dichte von bearbeiteten Objekten entlang der Bahn.
Die gegebenen Bedingungen haben unserem Elan Grenzen gesetzt.
Herzlichen Dank geht an alle, die uns unterstützt haben, insbesondere an die Wirtsleute am Haltepunkt Hartenstein und die tschechischen Bahnleute.
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